Was aber ist mit dem Schreiben um seiner selbst willen? Das praktiziert wohl kaum einer von uns. Dabei ist es ein unschlagbares Mittel, mit uns selbst zu kommunizieren und dabei in verschiedenen Lebenssituationen Klarheit zu bekommen.
Schreiben schafft Klarheit
Schreiben ist nicht nur befreiend und sogar vielfach heilsam, sondern oft auch klärend bei Fragestellungen oder Entscheidungsprozessen, die in uns arbeiten. Dies ist aber bitte nicht als pro/contra Liste zu verstehen. Schon bei der Erstellung einer solchen Liste bekommt die Ratio zu viel Gewicht. Gerade die wird aber beim „einfach so runterschreiben“ überlistet und es kommen oft unterbewusste Sehnsüchte, Gefühle, Vorstellungen oder Wünsche zum Vorschein, die uns selbst überraschen. Wichtig ist es, dass wir möglichst per Hand schreiben und nicht am PC, damit die Gedanken ungefiltert fließen können. Erwiesener Maßen werden nämlich beim Schreiben per Hand wesentlich mehr Areale angesprochen, als beim tippen.
Manch diffuse Gefühle wie „irgendetwas stimmt nicht“ oder „ich laufe in die falsche Richtung“ können durch das Schreiben oft konkretisiert werden. Ein hierfür geeignetes Mittel: Sich aus der Zukunft heraus selbst einen Brief schreiben. Dies ermöglicht, verschiedene Lebenswege durchzuspielen und ehrlich herauszufinden, mit welcher Situation in der Zukunft, man sich am wohlsten fühlen könnte.
So kann Schreiben – obwohl aus dem Bauch heraus – ein geradezu analytischer Prozess werden und uns überraschend einfach bei Entscheidungen helfen. Denn es ist ein großer Unterschied, etwas nur zu denken oder es niederzuschreiben: Schreiben ist oft der erste Schritt zur Umsetzung.
Schreiben entspannt
Haben wir erst einmal die im Hinterkopf abgespeicherten, unangenehmen mit Rotstift korrigierten und zensierten Texte aus der Schulzeit ausgeblendet, macht schreiben richtig viel Spaß. Wir können uns in Erlebniswelten bewegen, in denen wir der Phantasie und Kreativität freien Lauf lassen und so dem Druck des „zielgerichteten“ Alltags entkommen. Einfach mal den Frust von der Seele schreiben. All das, was man sonst nur denkt, zu Papier bringen und es damit greifbarer machen. Aber auch einfach nur die verschiedenen Gedanken niedergeschrieben immer wieder zu lesen, sie ergänzen zu können und nicht aus dem Kopf zu „verlieren“, schafft eine innere Ruhe und eine gewisse Distanz zu den Dingen.
Schreiben kann Ängste mindern
Es gibt immer wieder Situationen, die uns Angst machen. Sei es eine bevorstehende Prüfung, der Gang zum Zahnarzt, die Sorge bei einem Vortrag zu versagen o.ä. Diese Angst kann mit dem Schreiben etwas überlistet werden: Einfach die Situation im Vorfeld gedanklich durchgehen und zu Papier bringen, was als schlimmstes passieren kann. Sie werden sehen: Sicher sind alle Szenarien nicht wirklich angenehm, aber wirklich angsteinflößend sind sie alle nicht. Mehr als eine „verpatzte“ Prüfung, einen überschaubaren Schmerz oder die Peinlichkeit, nicht perfekt zu sein, passiert nicht. Und da die Situation beim Schreiben quasi schon einmal durchlebt ist, verliert sie – sollte sie wirklich eintreten – ihren Schrecken, weil sie einen nicht mehr kalt erwischt.
Schreiben hilft das eigene Verhalten zu reflektieren
Gerade im Zusammenleben mit unseren Mitmenschen – insbesondere Partner/In – kommt es häufig zu Konflikt-Situationen, von denen wir das Gefühl haben, dass sie immer gleich verlaufen. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern meist Realität. Denn sowohl unsere, als auch die Verhaltensmuster unseres Gegenüber, sind in der Regel immer ähnlich oder gleich. Wie also soll sich da in wiederkehrenden Situationen das Ergebnis ändern? Ein Tipp, um sich selbst und das eigene Verhalten einmal mit etwas Abstand zu betrachten ist auch hier: Schreiben. Einfach mal von sich selbst in der dritten Person berichten. Heißt: Aus der Außensicht die Situation und unserer Rolle zu Papier bringen. Durch die entstehende Distanz zu uns selbst, kann das nicht nur wirklich unterhaltsam sein, sondern möglicherweise auch aufzeigen, wo wir uns – emotionslos betrachtet – besser verhalten könnten.