Es ist jedes Jahr ein wunderschöner Moment, mit dem für mich der Frühling beginnt. Meine Familie und ich gehen in den Wald. Das machen wir tatsächlich auch im Winter öfter. Aber jetzt, Ende März, sind wir auf der Suche. Vorsichtig laufen wir den kleinen Pfad entlang, der tief in den Wald hinein führt. Hier muss er irgendwo sein. In dieser Gegend waren wir zumindest die letzten Jahre immer fündig. Aber es ist nichts zu sehen. Mein Sohn ist auch nicht mehr zu sehen. Wo ist er nur hin?
Plötzlich ertönt ein lauter Schrei: „Mama! Papa! Ich habe ihn gefunden!“ Mein Mann und ich laufen schneller. Als wir um die Ecke biegen, sehen wir nicht nur unseren freudig strahlenden Sohn, sondern auch das zarte Grün, das sich sanft zwischen den noch kahlen Bäumen ausbreitet. Der Anblick bereitet nicht nur meinem Sohn große Freude, auch ich fühle, wie das Glück in mir aufsteigt. Er ist da, der erste Bärlauch, und mit ihm der Frühling.
Aber warum macht Bärlauch eigentlich glücklich?
Bärlauch macht uns glücklich, weil er uns mit wertvollen Vitalstoffen versorgt.
Bärlauch soll nach einer Legende seinen Namen tatsächlich von den Bären haben. Wenn diese nämlich ausgezehrt aus dem Winterschlaf erwachen, so die Geschichte, essen sie erst einmal ausgiebig Bärlauch, um ihren Körper zu reinigen und wieder zu Kräften zu kommen. Man kann sich so richtig vorstellen, dass so ein Bär nach seinem Winterschlaf völlig ausgezehrt ist und alles frisst, was ihn zu Kräften kommen lässt.
Ob sich Bären im Frühjahr tatsächlich mit Bärlauch stärken, weiß ich nicht. Allerdings finde ich diese Geschichte sehr passend, da im Bärlauch tatsächlich viele wertvolle Stoffe stecken, die wir gerade im Frühling gut gebrauchen können. Bärlauch ist reich an Mineralstoffen, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen (vor allem das wertvolle Alliin, das wir auch vom Knoblauch kennen). Er enthält unter anderem die Vitamine C und B, sowie die Mineralstoffe Eisen, Magnesium, Kalium, Kalzium und Phosphor.
Wenn wir reichlich Bärlauch essen, versorgen wir unseren Körper mit wichtigen Vitalstoffen, die wir gerade jetzt im Frühjahr gut gebrauchen können. Bärlauch ist also nicht nur für Bären, sondern auch für uns Menschen eine wichtige Quelle, im Frühling unsere Vitalstoff-Speicher wieder ordentlich aufzufüllen. Und wenn es unserem Körper gut geht, macht uns das einfach glücklich.
Bärlauch macht uns glücklich, weil er uns in Bewegung bringt.
Die meisten von uns haben sich während der Wintermonate viel zu wenig bewegt. Wir Menschen sind aber einfach nicht dafür geschaffen, am Schreibtisch zu sitzen oder auf dem Sofa zu liegen. Das schöne Frühlingswetter zieht uns hinaus ins Freie. Wir genießen die frische Luft und die Bewegung. Gerade jetzt nach dem Winter sind es ganz besondere Glücksmomente, wieder in Bewegung zu kommen.
Wenn wir uns auf die Suche nach Bärlauch machen, müssen wir uns bewegen, da Bärlauch im Wald wächst. Und wenn man sich zum ersten Mal auf die Suche nach dem Kraut macht, muss man sich häufig sogar viel bewegen, bis man eine Stelle gefunden hat, wo er wächst. Also kommen wir zwangsweise in Bewegung. Und wenn wir ein Ziel haben, merken wir gar nicht, wie lange wir eigentlich schon unterwegs sind.
Wenn wir uns bewegen, werden sogenannte Glückshormone frei gesetzt: Serotonin, Dopamin und Endorphine sorgen dafür, dass es uns so richtig gut geht und dass wir uns glücklich fühlen. Die Prozesse sind hoch komplex und die Forscher sind sich noch nicht so ganz einig, was da genau in unserem Körper passiert. Aber egal: Dass wir uns besser und glücklicher fühlen, wenn wir uns ausgiebig an der frischen Luft bewegt haben, merken wir ja schließlich selbst.
Bärlauch macht uns glücklich, weil wir Sonne tanken.
Wenn der Bärlauch die kahlen Waldböden in grüne Teppiche verwandelt, kann die Sonne noch ungehindert zu den zarten Pflänzchen vordringen. Die Bäume tragen noch kein Laub, und so profitiert der Bärlauch von den Sonnenstrahlen. Und auch wir tanken jede Menge Sonne, wenn wir zu dieser Jahreszeit im Wald unterwegs sind.
Die Sonne ist noch nicht so stark, dass wir befürchten müssen, einen Sonnenbrand zu bekommen. Und so können wir die wohltuenden Sonnenstrahlen unbeschwert genießen. Was gibt es Schöneres, als die wärmenden Strahlen der Frühlingssonne auf unserer Haut zu spüren? Wie glücklich sind wir, wenn wir unser Gesicht der Sonne entgegen strecken können und spüren, dass es nun wieder bergauf geht? Dass dies nur die ersten Vorboten des Frühlings sind und dass wir uns zurecht auf die kommenden warmen Monate freuen dürfen?
Und die Sonne tut noch mehr für uns. Die Sonne hilft unserer Haut bei der Bildung von Vitamin D. Vitamin D ist ein lebensnotendiges Vitamin. Viele Forscher sprechen inzwischen sogar schon von einem Hormon, da es an vielen Steuerungsprozessen in unserem Körper beteiligt ist. Unser Körper kann das Vitamin ungefähr drei Monate speichern. Wie voll unser Speicher ist, hängt im wesentlichen davon ab, wie viel Zeit wir in den Sommermonaten im Freien und in der Sonne verbringen. Auf jeden Fall tut es uns und unserem Immunsystem jetzt mehr als gut, Sonne zu tanken und unsere Vitamin D-Speicher wieder aufzufüllen.
Bärlauch macht glücklich, weil der Wald uns stärkt.
Forest Bathing ist inzwischen in aller Munde. „Das Baden im Wald“ soll und gesund und glücklich machen. Aber was hat es damit eigentlich auf sich? Wie soll man denn im Wald baden? Gemeint ist damit schlicht und ergreifend, sich im Wald aufzuhalten und bewusst die Wirkung, die dieser auf uns ausübt, in sich aufzunehmen.
Japanische Forscher haben nämlich herausgefunden, dass sich ein Aufenthalt im Wald positiv auf unser Immunsystem auswirkt. Und zwar in solch einem großen Ausmaß, dass dies tatsächlich messbar ist. So werden zum Beispiel nachweislich Stresshormone in unserem Blut gesenkt, und auch unser Blutdruck profitiert von einem Aufenthalt im Wald. Und das Tolle daran ist, die Wirkung hält auch nach unserem Waldspaziergang noch an.
Die positive Wirkung auf unsere Gesundheit verdanken wir wohl den sekundären Pflanzenstoffen, die sich quasi mit unserem Körper verbinden und so unmittelbar und ohne unser Zutun positiv auf unser Immunsystem einwirken. Wenn wir einen Wald aufmerksam betreten, spüren wir diese positive Wirkung selbst. Wir haben plötzlich das Gefühl, besser durchatmen zu können und spüren, wie das Grün der Blätter und das Gezwitscher der Vögel uns beruhigen. Deshalb gibt es immer mehr Ärzte, die ihren Patienten regelmäßige Waldspaziergänge „verordnen“.
Und dann gibt es noch einen Grund, warum uns Bärlauch glücklich macht: Er schmeckt einfach unglaublich gut! Egal ob als Pesto oder frisch aufs Brot geschnitten, Bärlauch schmeckt mit seinem einzigartigen zarten Knoblauchgeschmack einfach lecker. Und was gibt es Schöneres, als nach einem Waldspaziergang heimzukommen und gemeinsam etwas Leckeres aus dem mitgebrachten Bärlauch zu kochen? Deshalb kehren wir auch jedes Jahr nach der ersten Ernte immer wieder in den Wald zurück, um Nachschub zu holen, solange es ihn gibt. Weil er gesund ist, weil er schmeckt, und weil er uns einfach glücklich macht!
Bärlauch erntet man am besten im März. Allerdings wächst er inzwischen meist bereits Ende Februar schon in unseren heimischen Wäldern. Er darf auf keinen Fall mit anderen Pflanzen wie Maiglöckchen oder Herbstzeitlose verwechselt werden, die sehr ähnlich aussehen, aber giftig sind. Deshalb unbedingt eine Riechprobe machen. Bärlauchblätter riechen immer nach Knoblauch, wenn man diese zwischen den Fingern zerreibt. Wenn man sich nicht 100 %-ig sicher ist, dass es sich um Bärlauch handelt, sollte man die Blätter besser stehen lassen. Damit der Bärlauch auch im nächsten Jahr wachsen kann, sollte man nur einzelne Blätter pflücken und immer einen ausreichend großen Rest stehen lassen.
Ihre Eva Ehehalt
(Eva ist Ernährungsberaterin, Autorin und Bloggerin. Auf Ihrer Seite findet Ihr viele tolle Tipps und Rezepte: www.leckervital.com)